OH GOD ; I TRIED ; AM I LOST IN YOUR EYES ?

hi Leute, der schreiber dieses blogs ist nicht mehr am leben, aber ich lasse hier vielleicht ab und an mal was durchblicken. abgesehen davon lasse ich aber alle seine posts usw. unangetastet.
ich vermisse dich, nic. in liebe, bones.

Freitag, 27. Juli 2012

Der Anfang ist immer dunkel.

Ich will euch erklären, was passiert ist, aber ich kann es selbst kaum begreifen. Es fällt mir so schwer zu glauben, dass Erdenzeiten dermaßen stark begrenzt sind. Ich verstehe nicht, was und ob ich etwas damit zutun habe. Woran kann es liegen, dass die Menschen um mich herum nicht glücklich werden können?
Vor kurzem noch haben wir miteinander gelacht. Oh, ich konnte diesen Kerlen nichts ausschlagen. Sie waren das erste Mal, dass ich Jungs zu richtig guten Freunden hatte.

Dieser Text kostet mich unglaublich viel Überwindung.

Ich stehe an Martens Bett, er sieht aus, als würde er schlafen. Mathis liegt daneben, er ist schwach, aber wach. Ich kann es kaum fassen, dass Daniel und er es gut überstanden haben, während Martens...
Mathis hat mal gesagt "von Martens kann man nichts erwarten", und das haben wir alle so im Raum stehen lassen. Es gab dem nie etwas hinzuzufügen. Er ist immer ein wenig zu schweigsam, zu berechnend. Er war immer der mit der Glanzleistung, der schonungslosen Ehrlichkeit und dem seltenen Lächeln. Wir haben uns gut verstanden, aber ich bin mir nie sicher gewesen, ob Martens wirklich ein verlässlicher Freund ist. Irgendwie hatte ich den Eindruck, er wäre immer nur auf seinen Vorteil bedacht.
Wie man sieht, bin ich seines Versprechens nicht würdig. Martens, mein Gott, Martens.
Ich hatte nie von dir erwartet, geschweige denn verlangt, dass du dein Leben für mich auf's Spiel setzt!

Er sieht mich an. Lange.
Verdammt, ich kann nicht aufhören, auf all die Pflaster zu starren, die sein Gesicht verziehen.
"Wenn ich das hier überstehe, Nic", krächzt er, "dann kriegst du meine Niere."
Er ist nicht zurechnungsfähig.
Der Autounfall, den Daniel, Mathis und er hatten, hätte ihm gezeigt, dass er handeln muss, sagt er. Sofort. Es könnte bald nicht nur für ihn, sondern auch für mich zu spät sein. Wir beide wussten, dass wir die selbe seltene Blutgruppe haben. Aber ich hatte nie von ihm erwartet, dass er dieses Opfer freiwillig für mich bringen würde.


Wie konnte ich jemals daran zweifeln, dass Martens mein Freund ist? Ich scheußlicher Mensch. Ich kann nur nicken und mich selbst widerlich finden, dafür, dass die Hoffnung in mir aufleuchtet. Hoffnung auf Rettung - Hoffnung auf die Niere. Ich dreckiger Dieb!
Ich sollte darauf hoffen, dass er nicht an seinen Unfallverletzungen stirbt, um SEINES Willens, nicht wegen mir selbst!


"Ich hätte bei euch sein können. Wenn ich mit zum See gefahren wäre, hätte ich im Auto gesessen", sage ich tonlos, zu niemandem bestimmten.
"Oh, du wärst doch komplett zerbrochen Alter", grinst Daniel. Daniel ist wach? "Sei einfach froh, dass du Migräne hattest."


Migräne.
Wohl eher Eingeweideverkrampfungen vor Hunger. In Anbetracht dessen, dass ich genau deshalb noch am Leben bin, ziemlich ironisch. 
Ein Autounfall hätte mich umgebracht. Deutlicher könnte Daniel nicht sein. Und irgendwie musste ich versichern, Martens Angebot würdig zu werden.


Willkommen, 51 Kilogramm.

Sonntag, 22. Juli 2012

Unfähigkeit.





Kann nicht atmen.
Kann nicht essen. 
Kann nicht fühlen. 
Kann nicht denken. 

 Kann nicht antworten. 
Tut mir Leid. 

Kann nicht realisieren.
Was da passiert ist.




 Oh ich will nie wieder jemanden enttäuschen.





Vorher hat es sich so richtig angefühlt.
Und jetzt so falsch.
Kann nicht sterben.
Hopefully.

Montag, 16. Juli 2012

Verdammt ich lebe noch.

Ich stehe vor dem Spiegel, zähle meine Rippen. Eins, zwei, drei vier. Fünf, sechs, sieben, acht. Alle noch da. Wunderbar.
Und du bist auch nicht mehr das, was du mal warst, Dominic. Irgendwas hast du falsch gemacht, stimmt's (Herrje, ich bin schon so weit, dass ich Selbstgespräche führe. Was kommt als nächstes.)? Was werden nur deine alten Freunde sagen, wenn sie dich in zwei Wochen wiedersehen? Was werden die wenigen Mädchen sagen, mit denen du dich gut verstanden hast, wenn du sie bei einem der vielen Konzerte nicht auf deine Schultern nehmen kannst, obwohl du so groß bist? Und was werden die Jungs sagen, wenn du das aufgedrängte Bier unangetastet lässt, weil deine Nieren den Schock nicht überstehen würden? 
Der Junge im Spiegel will nicht, dass die Freunde der Vergangenheit ein neues Bild über ihn bekommen. Sie sollen das alte behalten.
Das war irgendwie netter. Oberflächlicher, aber netter.

Mir ist wieder alles so gleichgültig geworden.
Sterb' ich heut nicht, sterb' ich morgen.
Das betrifft auch das Essen - auf Wiedersehen, hübsches Kilo. Oder wird es gar kein Wiedersehen geben? Vielleicht bleibe ich ja so, wie ich jetzt bin, dürr, groß, unausgeschlafen, verquollen, melancholisch, selbstmitleidig, hoffnungslos. Dann heißt es auch Abschied nehmen von dem "tollen neuen Leben", das mir angepriesen wird - von meinem Neuanfang. Tschüss. War aber nett, dich in Aussicht gehabt zu haben.

Aber das ist nicht das Schlimmste.
Das Schlimmste ist, dass nichts davon mich wirklich umbringen kann. Gegen all das lässt sich irgendwie Kämpfen - Einsamkeit, Nierenkrankheit, Magersucht. Dagegen kann ich etwas unternehmen. Dagegen kann ich bestehen. Aber das macht keinen Sinn.


Am Ende werden sie um mein Totenbett herumstehen. Letty wird weinen. Ob Bonnie kommen kann? Sie würde hübsch aussehen, in irgendeinem weiten, schwarzen Kleid, das einzig und allein ihre dünne Taille betont. Sie werden sagen, dass es klar war, dass es so weit kommen musste. Sie werden es bedauern. Vielleicht gibt es Kuchen - dann würde Bonnie aber gehen.

Keiner von ihnen wird wissen, woran ich wirklich krepiert bin.
Nicht die Nieren.
Nicht das Untergewicht.
Nicht die Familienprobleme.
Sondern an herausgerissenem Herzen. Genommen, hingeworfen, drauf herum getreten, weggeworfen, wieder angelockt, gequält, zerstückelt, einzeln angebraten, verspeist. Ausgekotzt und irgendwo verkümmern lassen.

Ich weiß nicht einmal mehr, wie sich deine Finger auf meiner Haut angefühlt haben.



EDIT// entschuldigt alle wirren Antworten.
Irgendwie bin ich gerade nicht ganz bei mir.


Dienstag, 10. Juli 2012

Geschichten vom Scheitern sind einfach schöner.

Ich verstehe mich selbst nicht. Ich könnte glücklich sein.
Es geht voran, in ewig langsamen Schritten, aber voran. Ich habe jemanden gefunden, mit dem ich über alles reden kann, ich werde bald ein neues Leben beginnen, ich werde studieren, meine kleine Schwester ist stolz auf mich. Klingt das für euch nicht auch so, als wäre ich von allen Seiten ausreichend bedient? Wenn ich es so aufliste, tut es das für mich auch. Ich habe alles, was ich brauche.

Warum fühlt es sich dann so falsch an? Warum kann ich nachts nicht schlafen, warum werfe ich mich stattdessen umher? Warum kann nichts, was ich tue, mich wirklich ablenken? Warum stopft das Essen, das Gott weiß warum einfach nicht zur Gewohnheit werden will, nicht auch dieses Loch in mir? Woher kommt diese Leere, die mich tiefer schweigen lässt, als jeder Tote es tut - die mich verzweifeln lässt.
Wer hat es wirklich verdient?
Menschen, die ihr Glück zu schätzen wissen würden. Dazu gehöre ich wohl nicht.
Es gibt so viele Menschen, die jemanden bräuchten, der sie auffängt. Ich lese ständig von ihnen, von ihren Blogs, von ihren Geschichten. Wie viel davon Wahrheit oder Lüge ist, weiß ich nicht - aber ich weiß, dass irgendwas in ihnen fehlt. Niemand findet solche Worte, wenn sie auf einem Gerüst von Lügen und Lächeln aufgebaut sind. 
Und diese Menschen sollten belohnt werden, dafür, dass sie sich nicht immer in Sicherheit wiegen, ohne es zu sein, sondern immer kämpfen, obwohl ihre Zeichen dauerhaft auf Sturm stehen.
Ich habe dieses Rauf und Runter so satt.

Ich fühle mich kranker als mit nur 45 Kilogramm auf den Rippen. Ich kann so nicht mehr weiter machen.
Gebt mir mein falsches, hässliches, einsames, dürres, wundervoll unglückliches Leben zurück.

Schenkt das Glück doch jemandem, der es wirklich verdient.





Warum rufst du nicht an.
Cilli.
Warum rufst du nicht an.

Dienstag, 3. Juli 2012

Komm, wir nehmen uns das Leben.

Ein Klicken des Türschlosses verrät mir, dass Clarisse gerade aus dem Bad gekommen ist. Unauffällig mache ich mich auf, in das Badezimmer zu kommen, und als ich erst einmal angekommen bin, die Tür hinter mir zu gemacht und abgeschlossen habe, komme ich mir seltsam vor. So bedacht darauf, dass niemand hierbei bemerkt, war ich noch nie. Jeder meiner Familie, der mich dabei sieht, könnte ja auch denken, dass ich einfach nur die Toilette gehen möchte. Aber ich bin nicht hier, um irgendwelche niederen menschlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Mein Blick huscht zur Waage, die unschuldig auf dem Boden steht. Obwohl mich niemand sieht, versuche ich, das Zittern meiner Hände zu verbergen.
Bei meinem zweiten Mal in der Klinik - meine Entlassung ist jetzt drei Tage her - haben sie mir eingebläut, wie wichtig es ist, dass ich mein Gewicht im Auge behalte. Es sei untypisch für meine Art von Krankheit, dass ich die Kontrolle bisher komplett vernachlässigt habe, aber genau darin sehen die Ärzte wohl auch meine Chance, aus dieser Situation heraus zu kommen.
Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, mich mindestens ein Mal pro Tag auf das Gerät zu stellen, das ich früher mehr gefürchtet habe, als alles andere. Ich atme tief aus, schließe die Augen und mache den Schritt nach vorne. Eine Weile lang herrscht Stille im Bad, dann ein leises Piepen. Ich steige blind von der Waage, halte die Luft an und - 50,5 Kilogramm.

Bonnie und ich schlendern Seite an Seite durch die Fußgängerzone. Sie sucht nach Sonnenbrillen und Gummistiefeln, sie wird bald einige Festivals in der Gegend besuchen und will bestmöglich vorbereitet sein. Ich lächle still vor mich hin, während sie beinahe pausenlos von irgendwelchem belanglosem Zeug redet. Wir verbringen noch so viel Zeit miteinander, wie wir können, bevor ich mein Studium antreten werde.
Sie erzählt mir auch von ihren "Erfolgen", obwohl ich kaum hinhören kann und möchte. Es kommt mir jedes Mal falsch vor, diesem dürren Mädchen neben mir Anerkennung zu schenken, während sie noch mehr Gewicht verliert. In solchen Momenten fühle ich mich hilflos, weiß nicht, was ich tun kann, damit sie diesen Akt der Selbstzerstörung nicht weiter fortführen muss. Ich wünschte, ich könnte Bonnie helfen. Ich wünschte, ich könnte ihr irgendeinen Grund liefern, sich nicht weiter runter zu hungern.
Aber mir fällt keiner ein.

Ich erzähle ihr von meinen dazugewonnenen 500 Gramm seit der Klinik, sie lächelt mich breit an.
"Das ist super", meint sie schließlich, "wenn du so weiter machst, siehst du richtig gut aus, wenn du mit dem Studium anfängst. Dann kannst du dir da irgendein Mädchen aufreißen und ein normales Leben führen."
Ich grinse in mich hinein, diese Wortwahl ist für sie wieder typisch.
Aber dass ich neue Menschen kennen lernen werde, die meinen Untergang, mein Minimieren, meine Zusammenbrüche und meine Fehltage nicht miterlebt haben, stimmt mich irgendwie zuversichtlich. Dass ich weiter zu Bonnie Kontakt halten werde, weiß ich, sie ist wie ein festes Floß in den Strömungen eines neues Ozeans.
Hinter uns zerrt eine Mutter ihre junge Tochter vorbei. Sie wirft uns einen gehetzten Blick zu, als würde sie denken, dass das Magersuchtspärchen in der Reihe vor ihr auf ihr Fleisch und Blut abfärben könnte. Dabei sind Bonnie und ich kein Pärchen, wir sind eher Geschwister im Geiste. Leidensgenossen.
"Irgendwann führe ich das normale Leben, von dem du gesprochen hast", sage ich plötzlich. Dann wende ich meinen Blick zu ihr. "Und du auch."

Wir werden nicht um dieses Leben bitten. Wir werden darum kämpfen - selbst, wenn das wie in Bonnies Fall heißt, dass wir es vorher fast verlieren müssen. Aber wenn wir dann davor stehen, nehmen wir es uns einfach.
Weil wir alle das Recht dazu besitzen.

Sonntag, 1. Juli 2012

Das ist nicht aufgeben, das ist loslassen.

Wir sitzen uns gegenüber auf ihrem Fensterbrett, atmen die heiße Sommerluft und lassen uns die Brisen der stinkenden Stadt durch die Haare fahren. Ich schließe die Augen und lehne meinen Kopf an das heiße Gebäude, spüre die Sonne direkt in meinem Gesicht. Einen Moment lauschte ich dem Lärm der Autos, die unter uns vorbeifahren, versinke in dem Geräusch, nehme es kaum noch war. Ich stelle mir vor, ich würde auf meinem Boot über das glatte Wasser segeln, frei von allem, fern ab von der Bedrängnis der Stadt - einfach nur das Wasser unter und der Himmel über mir. Diese Einsamkeit, die ich schon so lange nicht mehr genießen konnte, weil die Gefahr besteht, dass ich jeden Moment abklappen könnte.
Mein Boot wurde verkauft, als wir wegzogen, und ich frage mich, ob die neuen Besitzer nun gerade in diesem Moment damit über die Wellen gleiten.

Als ich die Augen aufmache, sehe ich Bonnie an, die ihren matten Blick über die Dächer der Häuser schweifen lässt. Wir sind in der kleinen Wohnung, die sie sich mit ihrer Mutter und dessen Freund teilt. Die Mutter habe ich kennen lernen dürfen, als ich ihr die Hand hingehalten habe, hat sie nur verächtlich geschnaubt. Ich weiß, was sie denkt - dass Bonnie jetzt einen Gleichgesinnten gefunden, hat, einen, der auch nur Haut und Knochen ist. Hier zu leben ist kaum ein Zustand, ich fange an, mir darüber bewusst zu werden, dass ich mit meiner ignoranten Mutter wohl das bessere Los gezogen habe, als sie mit ihrer. Bonnies Mutter scheint sie dafür zu hassen, dass sie so ist. Meine redet es einfach über.
Bonnie sagte, dass sie die Klinik schön findet, und ich begreife nun, warum.

"Drei Kilo noch", meint sie plötzlich und sieht mich kurz an, "drei Kilo und sie behalten mich die nächsten Monate komplett da. Dann komm ich raus aus diesem Loch hier."
Ich weiß nicht, was ich antworten soll. Bonnie davon abzubringen, ihren ohnehin schon zerstörten Körper noch weiter zu ruinieren, habe ich versucht - und bin auf eine verzweifelte, flehende Seite von ihr gestoßen, mit der ich nicht umgehen konnte. Ich will dieses starke, selbstbewusste Mädchen nicht noch mal so am Boden sehen. Also sage ich einfach nichts.
"Es wird einsam ohne dich, Clyde."
So nennt sie mich jetzt doch - alles nur, weil ich ihr nicht von Anfang an geglaubt habe. Dass ich bald wieder wegziehe, dass ich eine neue Psychiaterin bekommen werde, all das weiß Bonnie schon. Es gefällt ihr genau so wenig wie mir, wo wir beide doch gerade erst einander gefunden und angefangen zu vertrauen haben.
"Ich verspreche dir, dass du mich jederzeit anrufen kannst", antworte ich nur.

Und das meine ich auch so.
Ich werde Bonnie niemals so hinhalten, wie Cilli mich. Damals. Scheint so lange her zu sein. Ich werde kein Schemen für sie sein, sondern fassbar, anwesend, bereit. Ich blicke in die Sonne und muss lächeln.
Die Freude auf mein neues Leben wird schon wieder von einem bitteren Schatten verhängt, irgendwie ironisch.

Nur dieses Mal werde ich damit umgehen können. Wir beide werden.
Wir sind bereit, etwas an uns aufzugeben, um glücklicher zu sein.